Das europäische Parlament hat die EU-Urheberrechtsreform angenommen. Insbesondere durch die Artikel 11 und 13 des Reformwerks ergeben sich umfängliche Veränderungen für das Social Media Marketing. Was Agenturen und alle, die im Social Web ihr Geld verdienen, beachten müssen*.
Beschlossene Sache – Allgemeine Informationen zu den Änderungen
Wie bei der Datenschutzverordnung wird es zwei Jahre andauern, bis aus der EU-Richtlinie national geltendes Recht wird. Dennoch empfiehlt es sich, diese Frist nicht abzuwarten, sondern zügig mit den ersten Umsetzungen für das Tagesgeschäft zu beginnen. Wer professionell in den sozialen Netzwerken unterwegs ist, wird von der Reform betroffen sein. Vieles ist zurzeit unklar und muss durch zukünftige Urteile konkretisiert und festgelegt werden. Trotzdem gibt es schon einige Punkte, auf die sich Social Media Agenturen und jeder, der Dienstleistungen in sozialen Netzwerken anbietet, vorbereiten können.
Inhalte des Artikel 11 und 13 – eine Erklärung dieser wichtigen Artikel
Die umstrittensten Bestandteile in der öffentlichen Debatte sind die Artikel 11 und 13. Artikel 11 garantiert der Presse ein Leistungsschutzrecht. Konkret bedeutet dies vor allem, dass eine Einbindung von Links nicht mehr erlaubt ist. Die Verwendung von Vorschaubildern und Textausschnitten bzw. Textbausteinen ist ebenfalls untersagt. Erlaubt sind nur kleinere Satzteile, die sinngemäß paraphrasiert übernommen werden. Es sei denn, man erwirbt eine Lizenz beim Rechteinhaber für die Verfügung dieser Links.
Artikel 13 besteht auf einer sofortigen Löschung von urheberrechtlich geschütztem Material beim Uploadvorgang. Zwar nennt der Artikel keine Uploadfilter, ohne diese ist jedoch eine Durchsetzung des Artikels technisch nicht möglich. Bisher galt das Prinzip der Entfernung bei Entdeckung und Meldung beim Anbieter durch den eigentlichen Rechteinhaber. Das Problem hierbei ist, dass diese Filter technisch kaum ausgereift und nicht in der Lage sind zwischen einem geschützten Werk an sich und zum Beispiel der Verwendung als Karikatur (wie den im Netz beliebten Memes) unterscheiden zu können.
Das sind die Folgen der Abstimmung auf das Social Media Marketing
Zu Beginn ist es ratsam, sich mit den Eigenheiten der Reform vertraut zu machen. Sei es durch Vorträge, Events oder fachbezogene Medien, wie spezielle Blogs oder YouTube-Kanäle. Je eher die Rücksichtnahme auf das neue EU-Urheberrecht erfolgt, umso mehr Zeit und Aufwand lassen sich einsparen, wenn die Reform rechtsbindend wird. So schwer es fällt, aber die tägliche Arbeit bedarf einer Ergänzung in diesem Bereich. Zwingend wird dies durch die Pflicht des Lizenzerwerbs, da vermutlich von empfindlichen Strafzahlungen auszugehen sein wird. Dies gilt es für das eigene Geschäft selbstverständlich zu vermeiden.
Dies umschließt die Notwendigkeit eines Rechte-Checks bei allen Aufgaben, die Online und Social Media Marketing mit sich bringen. Jede Methode sollte schon im Vorfeld auf eine Rechte-Kompatibilität überprüft werden. Zum Beispiel die Einrichtung eines Redaktionsplan, der für Ordnung und Regelmäßigkeit im eigenen Social Media Auftritt sorgt. Sind alle zukünftige Postings sicher? Besitzen wir alle unerlässlichen Lizenzen? Haben wir die Berechtigung bestimmte Inhalte zu verfassen. Diese und mehr sind Fragen, die so früh wie möglich bei der Bewältigung von Marketing Aktivitäten anzugehen sind. Fehlende Lizenzen sollten zügig eingeholt werden.
Erste Schritte als Reaktion auf das Abstimmungsergebnis bzgl. Artikel 11 und 13
Da der Vollzug in gültiges Recht weitere zwei Jahre benötigt, können zunächst nur gewisse Stichpunkte behandelt werden. Folgende Maßnahmen empfehlen sich hingegen. Dadurch kann eine Routine für den zukünftigen Umgang mit der neuen EU-Bestimmung im unternehmerischen Alltag einfließen.
- Entwicklungen verfolgen: Nutze die kommenden zwei Jahre, um die wichtigsten Tendenzen im Blick zu haben. Dadurch sparst Du Zeit und Geld, wenn die rechtsgültige Anordnung der Reform in deinem Betrieb ansteht.
- Lizenzerwerb ausdiskutieren: Neben eigenem Content, besteht jeder gute Social Media Auftritt auch aus Links zu anderen Webseiten und Profilen. Schließlich ist man in einem sozialen Netzwerk und will sich mit anderen wortwörtlich vernetzen. Gerade kleinere Agenturen, sowie Blogger und Einzelanbieter von Dienstleistungen sollten sich genauestens überlegen, welche Quellen sie in Zukunft nutzen wollen. Die Beschaffung jeglicher Lizenzen gestaltet sich als finanziell schwierig. In Abwägung der bisher benutzen Quellen ist es daher unabdingbar sich zu entscheiden, welche Lizenzen nötig sind. Welche externen Materialien, finden auf dem eigenen Auftritt oder dem eines Kunden den größten Anklang? Für diese gilt es, die richtigen Lizenzen zu erwerben. Alle anderen sollten durch eigenen Content ersetzt werden.
Einige Umstände verlangen zusätzliche Beachtung. Erhält beispielsweise eine Agentur den Auftrag für die vollumfängliche Konzeption einer Social-Media-Kampagne und muss dafür auf die Kooperation mit Firmen oder Personen außerhalb der Agentur zurückgreifen, gelten die neuen Urheberechtsbestimmungen. Benötigt die Abwicklung des Zwecks in diesem Fall Bilder eines Fotografens, der außerhalb der Agentur tätig ist, muss genauestens geklärt werden, wie die Verwendung der Bilder letztlich auf den Social Media Plattformen, auf denen die Kampagne stattfinden soll, aussieht. Am besten sämtliche Szenarien mit jedem Beteiligten im Vorfeld besprechen und vertraglich festhalten.
- Eigenen Content erstellen: Content ist immer gut, in diesem Fall ist er noch besser. Statt auf fremde Inhalte zurückzugreifen, bietet die neue Reform immerhin die Chance sich endlich mal den eigenen Beiträgen zu widmen. Statt Links zu externen Webseiten, lieber vermehrt Verknüpfungen zur Unternehmenshomepage oder dem eigenen Blog in den sozialen Netzwerken posten. Natürlich müssen Page und Blog dementsprechend „aufgehübscht“ werden, dass es sich für die User lohnt dem Link zu folgen.
- Hinweise für die Kunden: Wird Social Media Marketing als Dienstleistung angeboten, müssen die Kunden oder Auftraggeber mit den Anforderungen des EU-Urheberrechts soweit vertraut gemacht werden, wie es für die Realisierung des Auftrages erforderlich ist. Wenn sich der Kunde gezielt bestimmte Links wünscht, ist abzustimmen, wie die anfallende Lizenzgebühr mit den Kosten verrechnet wird. So wie bisher eine Planung und Durchführung von Social Media gemeinsam mit dem Kunden erfolgt, ist es demnach notwendig, im Brainstorming sämtliche Urheberrechtsfragen zu klären.
Auswirkungen auf die Meta-Descriptions (SEO)
Eine Auswirkung des Leistungsschutzrechts auf die sogenannten Meta-Descriptions, mit denen ein Link in Suchmaschinen eine kleine Vorschau auf den eigentlichen Inhalt wiedergibt, ist wohl unvermeidbar. Eine mögliche Konsequenz könnte sein, dass Suchmaschinen diese entweder gar nicht mehr anbieten oder in abweichender Form. Selbstverständlich dürfen hiernach in der Meta-Beschreibung nur selbst formulierte Worte stehen. SEO-Verantwortliche sollten sich zumindest jetzt schon ins Gedächtnis rufen, dass wahrscheinlich Umstellungen in diesem Gebiet anstehen.
Wo gibt es weitere Informationen zur Artikel 13 Abstimmung?
Wie schon besprochen, Besuche von Events und Kongressen speziell zu diesem Thema sind angemessen. Häufig sind die Handelskammern vor Ort ein Ansprechpartner zu EU-Vorgaben. Viele Blogs und YouTube Kanäle berichten schon seit geraumer Zeit über die Urheberrechtsreform und diverse Fachzeitschriften greifen diese in ihren Artikel auf. Gleichwohl ersetzen diese Medien keinen juristischen Rechtsbeistand. Fehlt dem Unternehmen ausgewiesene Rechtsexpertise, sollte zumindest über die Zusammenarbeit mit einem Anwalt nachgedacht werden.
*Disclaimer: Dies ist kein juristischer Text. Di.Ri Social Media ist keine Rechtsberatung. Wir handeln nach bestem Wissen und Gewissen. Der vorliegende Text ist lediglich eine Einschätzung auf der Basis unserer Tätigkeit als Social Media Marketing Agentur, wie sich die EU-Urheberrechtsreform auf die Branche auswirken könnte. Die darin besprochenen Vorschläge sind nur als Ideen und nicht als juristische Ratschläge zu verstehen. Wir garantieren keine juristische und formal rechtlich inhaltliche Vollständigkeit. Für konkreten juristischen Beistand bezüglich der EU-Urheberrechtsreform ist ein Anwalt zu konsultieren.